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AutorenbildJelena Martinelli

Kommaregel: Was neu gilt

Nicht oft, aber immer mal wieder gibt der Rat für deutsche Rechtschreibung neue Grammatikregeln heraus. Diese sind für Schule und Verwaltung im deutschsprachigen Raum verbindlich. Seit dem 1. Juli 2024 gilt eine neue Kommaregel.


Die neue Regel betrifft das Komma in Zusammenhang mit Infinitivgruppen. Sie lautet:


«Eine satzwertige Infinitivgruppe wird vom übergeordneten Satz durch ein Komma getrennt.»


Halt! Bevor Sie wegklicken, weil Ihnen übel geworden ist vom Grammatiksprech, lassen Sie mich erklären.


Was sind Infinitivgruppen?


Bei Infinitivgruppen handelt es sich um die folgenden fett gekennzeichneten Satzteile:


  • Der Samichlaus wird nicht müde, Geschenke zu verteilen.


  • Der alte Mann bemüht sich, möglichst viele Kinder glücklich zu machen.


  • Ich erfreue mich daran, dem freundlichen Alten zuzusehen.


Man erkennt sie also am Verb in der Grundform plus Zugemüse.


Bei Infinitivgruppen muss immer ein Komma gesetzt werden, selbst wenn die Infinitivgruppe irgendwo dazwischengeschoben wird oder am Anfang steht, wie in den folgenden beiden Beispielen:


  • Doch als der Samichlaus sich anschickt, durch den Kamin zu klettern, mache ich mir Sorgen.


  • Den Samichlaus zu erwischen, gelang den Kindern nicht.


Diese Regel gilt immer, ohne Ausnahme.

(Sollten Sie noch die Regel kennen, dass kein Komma gesetzt werden darf, wenn die Infinitivgruppe das Subjekt des Satzes ist – diese Regel ist abgeschafft.)


Aber! Es folgt ein grosses «Aber»:


Damit ein Komma gesetzt werden muss, muss die Infinitivgruppe satzwertig sein.





Was «satzwertig» ist, fragen Sie jetzt? Zu Recht.


Klären wir zuerst, was eine Infinitivgruppe ist, die nicht satzwertig ist, das ist einfacher:


  • Sie versprach[,] nicht zu weinen.

  • Er versuchte[,] zu schlafen.

  • Wir planten[,] früh aufzubrechen.


Bei Infinitivgruppen, die nicht satzwertig sind, handelt es sich also um Verben im Infinitiv inklusive des «zu». Solche Konstruktionen haben zu wenig Fleisch am Knochen, um einen Nebensatz zu bilden – sie sind nur eine Art Satzskelett und damit nicht satzwertig. Zumindest so quasi. Hier dürfen Sie, müssen aber kein Komma setzen.

Satzwertig hingegen bedeutet, dass eine Infinitivgruppe einen Nebensatz repräsentiert, wie in den Beispielen oben. Also:


Der Samichlaus bemüht sich, möglichst viele Kinder glücklich zu machen.


Oder


Den Samichlaus zu erwischen, gelang den Kindern nicht.


Hier ist das Komma obligatorisch.


Ich empfehle Ihnen, der Einfachheit halber überall ein Komma zu setzen – so müssen Sie sich nur eine Regel merken.


Kein Komma bei Infinitivgruppe als Prädikat


Es gibt aber auch Fälle, wo Sie kein Komma setzen dürfen.


Nämlich dann, wenn eine Infinitivgruppe zum Prädikat des übergeordneten Satzes gehört (das Prädikat ist das Verb respektive die Verbgruppe, die im Satz eine Handlung, einen Zustand oder ein Geschehen ausdrückt).


Im übergeordneten Satz steht dann eines der folgenden Verben: sein, haben, brauchen, pflegen, scheinen sowie drohen, versprechen; die letzten beiden im übertragenen Sinn gebraucht.


Also:


  • Es scheint weisse Weihnachten zu geben.


  • Der Baum droht zu kippen.


  • Das verspricht ein lustiges Fest zu werden.


Es darf auch dann kein Komma gesetzt werden, wenn der Infinitiv und der übergeordnete Satz nicht klar voneinander zu trennen sind. Laut Duden sind es solche Konstruktionen:


  • Den Betrag bitten wir auf unser Konto zu überweisen.

  • Ich habe dich zu erreichen versucht.


Ja?


Zum Schluss nochmals die Regeln in Kürze:

  1. Bei satzwertigen Infinitivgruppen muss ein Komma gesetzt werden.

  2. Ist eine Infinitivgruppe nicht satzwertig, darf ein Komma gesetzt werden, muss aber nicht.

  3. Wenn ein Infinitivgruppe das Prädikat des Satzes bildet, darf kein Komma gesetzt werden.

  4. Wenn Infinitiv und übergeordneter Satz nicht klar von voneinander zu trennen sind, kommt kein Komma.



Na, alles unklar? Dann rufen Sie mich an.


Oder schicken Sie mir einfach Ihre Texte. Ich lese sie Korrektur, ohne Ihnen mit Grammatikregeln auf die Nerven zu gehen.


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