Manchmal rutscht es mir aus Nachlässigkeit aufs Papier, manchmal tippe ich es genüsslich und mit voller Absicht. Die Reaktion ist jedes Mal die gleiche: Die Leute fangen an, unruhig auf ihren Stühlen herumzurutschen, und holen die Pochetten aus den Brusttaschen, um sich die Schweissperlen von der Stirn zu tupfen.
Der Leser fragt sich jetzt vielleicht: Hat sie jemanden beschimpft? Fäkalsprache benutzt?
Nein. Ich habe lediglich das von der Teppichetage bis zum Shopfloor verpönte Wort Problem verwendet.
«Streichen Sie Problem», heisst es postwendend. «Und ersetzen Sie es mit Herausforderung. Das ist besser.» Nein, ist es nicht, denke ich dann immer. Aber da das Problem seit einiger Zeit als nicht bc gilt – als nicht «business correct» – erfülle ich meinen Kunden den Wunsch. Und tippe in Gottes Namen halt das andere Wort.
Doch was ist passiert, dass das gute alte Problem zu einem solchen Problem geworden ist, dass man es auf den Fluren der Grossbuden nur noch flüsternd und hinter vorgehaltener Hand auszusprechen wagt, und falls man es aufschreiben möchte, nur mit unsichtbarer Tinte auf Zettel, die man mittels toter Briefkästen austauscht? Was ist passiert, dass das Problem zum Lord Voldemort des Business-Vokabulars geworden ist? «Um Gottes willen! Wir haben doch kein Problem! Wir stehen höchstens vor einer Herausforderung – die wir aber meistern werden!» Und das Cape flattert im Wind wie das von Captain America.
Ich weiss es nicht. Vielleicht hat jemand eines Morgens beim Zähneputzen gedacht: «Problem. Problem. Das klingt so negativ. Meine Angestellten wären viel motivierter, wenn ich ab sofort nur noch von Herausforderungen sprechen würde.» Hat das dann in der Vorstandssitzung unter dem Traktandum «Diverses» eingebracht und von da an war das Problem der Mitarbeitermotivation gelöst. Vielleicht.
Eines hingegen ist sicher: Mittlerweile weiss jeder, dass Herausforderung die politisch korrekte Version des Problems ist. Jeder, vom Angestellten zum Aktionär, weiss, dass es sich um einen Euphemismus handelt. Warum also, liebe Kunden, besteht ihr auf einem Wort, das eh alle durchschauen?
Was der Duden dazu sagt? Mit Problem ist eine «schwierige, ungelöste Aufgabe; eine schwer zu beantwortende Frage» gemeint; wohingegen eine Herausforderung in erster Linie die «Aufforderung zum Kampf; eine Provokation» ist. Und erst in zweiter Linie ein Problem im Sinne der Herausforderung.
Alles klar? Kein Problem, gern geschehen.
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