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Am Dienstag oder dienstags: Wie heisst es richtig?

Aktualisiert: 8. Apr. 2022

Was war eigentlich bei Ihnen der Auslöser, der Sie dazu gebracht hat, entsetzt «Oh mein Gott, ich bin ja alt!» aufzujaulen und sich die Hände vors Gesicht zu schlagen wie Kevin, als er merkte, dass er allein zu Haus war?



War es, weil Sie daran denken mussten, dass Sie sich quasi erst gestern noch im Kino über Kevin kaputtlachten (vor dreissig Jahren lachte man noch über solches Zeug)?


Oder sassen Sie kürzlich mit der talentierten, jungen Gen-Z-Arbeitskollegin beim Kaffee und der Gedanke traf Sie wie ein Axtschlag auf die Rübe, als hätte ihn ein Wikinger aus «The Northman» ausgeführt: «Ich bin doppelt so alt wie sie. Doppelt. So. Alt. Wie ist das nur möglich?»



Bei mir war es nichts davon. Bei mir passierte es, als eine Freundin mir schrieb:

«Dienstags treffe ich mich noch mit Dani.»


Als hätte jemand auf einen Knopf gedrückt, trällerten sofort Cindy und Bert los: «Immer wieder sonntags!» Seither spielt mein Kopfradio die Hitparade aus dem Jahr 1973 rauf und runter. 1973. OMG!



Aber eigentlich wollte ich Sie nicht mit meinen Problemen mit dem Älterwerden belästigen. Schliesslich haben Sie auf den Blog einer Texterin geklickt und haben es verdient, etwas übers Schreiben oder zumindest Grammatik zu erfahren. (Ältere Leute schweifen gerne ab, ich weiss.)


Während also in meinem Kopfradio «Immer wieder sonntags» dröhnte, versuchte ich zu enträtseln, was meine Freundin gemeint hatte mit: «Dienstags treffe ich mich noch mit Dani.»


Hatte sie vor, sich nächsten Dienstag mit Dani zu treffen? Oder wollte sie mir sagen, dass sie Dani jeden Dienstag traf (weil die beiden etwas miteinander hatten, vielleicht)? Aber warum dann dieses «noch»?


«Hast du etwas mit diesem Dani?» fragte ich sie geradeheraus.


«Spinnst du? Nein!» Sie schnappte nach Luft.


«Wieso trefft ihr euch dann jeden Dienstag?»


«Tun wir doch gar nicht!»


«Nicht? Du sagtest doch, du triffst ihn dienstags?»


«Am Dienstag! Einmal!» kreischte sie.


«Aber…»


Ich entscheid mich dagegen, ihr einen Vortrag über Grammatik halten, denn ich hatte Angst, sie würde mir tatsächlich noch den Schädel einschlagen.


Also erzähle ich es Ihnen:


montags, dienstags, mittwochs, donnerstags, freitags – völlig Wurst, welchen wochentags – bedeutet: Jede Woche an diesem Tag.


Wenn Sie im Duden dienstags nachschlagen, dann steht da unter Bedeutung:


«an jedem Dienstag»


Ich habe es extra für Sie nachgeschaut:



Am Dienstag hingegen ist eine einmalige Sache.


Wenn mir also jemand sagt, freitags mache er blau, dann frage ich mich, wieso man den Kollegen nicht schon längst gefeuert hat.


Hätte er mich jedoch stattdessen informiert: «Am Freitag schwänze ich den Job.» Hey, voll easy. Machen wir doch alle ab und zu (sagt man heutzutage noch «voll easy»?).


Dasselbe gilt übrigens auch für die Wochenenden. Denn samstags und sonntags heisst: Jeden Samstag. Oder Sonntag.


Jedenfalls: Cindy und Bert hatten keine Ahnung. Sie hätten nämlich einfach nur «sonntags» singen können. «Immer wieder» ist - wie wir gesehen haben - total überflüssig.




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